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Lydia Luce: Florida Girl (Review)

Artist:

Lydia Luce

Lydia Luce: Florida Girl
Album:

Florida Girl

Medium: Download
Stil:

Singer/Songwriter, Folk

Label: Nettwerk
Spieldauer: 27:42
Erschienen: 27.10.2023
Website: [Link]

Auch wenn es im Titeltrack des dritten Albums „Florida Girl“ der in Nashville lebenden aber aus Florida stammenden Songwriterin LYDIA LUCE gar nicht um sie selbst geht (sondern um eine Freundin), ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Album das erste ist, auf dem die Künstlerin sich über die grundlegenden Themen des Lebens aus ihrer eigenen, persönlichen Sichtweise Gedanken macht und dabei auch sehr intime Dinge anspricht.

Das hat einen Reihe von Gründen. Bei dem ersten Album „Azalea“ ging es der Songwriterin und Violinistin vorrangig darum, nach einem geeigneten musikalischen Setting für ihre Solo-Arbeiten zu suchen – nachdem sie zuvor als Session-Geigerin für Acts wie Rod Stewart, Dolly Parton oder Willie Nelson nach Auftrag gearbeitet hatte. Als es dann daran ging, das zweite Album „Dark River“ zu schreiben, befand sich LYDIA LUCE in einer schwierigen persönlichen Situation und musste zunächst die Trennung von ihrem damaligen Lebenspartner thematisch verarbeiten, bevor sie sich ihrer eigenen Situation widmen konnte. Dass sie sich inzwischen mit diesem besagten Lebenspartner wieder zusammengerauft hat und mit ihm verheiratet ist, zeugt dann wohl davon, dass die therapeutische Wirksamkeit von Musik nicht unterschätzt werden darf.

Kommen wir nun aber zum aktuellen dritten Album „Florida Girl“, welches zugleich das erste ist, das offiziell auch in unseren Breiten erscheint (wenngleich nur digital). Mit Hilfe ihrer Kollegen – dem Musiker und Produzenten ANTHONY DACOSTA und dem Songwriter RAYMOND JOSEPH hat LYDIA LUCE zunächst einmal ein eigenständiges, experimentelles Sounddesign entwickelt, mit dem sie sich – auf teilweise psychedelische Weise - deutlich von dem klassischen Country-Sound des „Azalea“-Albums und dem Noir-Flair von „Dark River“ absetzt.

Oft augmentiert mit Sound-Bites und Field-Recordings die auf LYDIA LUCES Background als begeisterte Gerätetaucherin verweisen, setzte das Trio alles daran, sich von konventionellen Songstrukturen, Instrumentierungen und insbesondere klassischen Effekt-Sounds abzusetzen und ein abenteuerliches Klanguniversum mit ungewöhnlichen musikalischen Akzenten zu erschaffen und zwar in einem konventionellen organischen Umfeld – also ohne elektronische Hilfsmittel oder allzu digital anmutende Lösungsansätze.

Ähnlich wie das zuletzt ihre Kolleginnen TAMARA LINDEMAN (THE WEATHER STATION), LAURA GIBSON und JULIA JACKSON vorexerzierten, gelang LYDIA LUCE durch die Abwendung vom typischen Folksetting – hin zu einer Art psychedelisch aufgebohrtem Laurel Canyon Sound - so der Schritt in die stilistische Unabhängigkeit. Das geht sogar so weit, dass auf diesem Album nur auf dem Track „Minute Too Soon“ überhaupt noch eine Geige – immerhin das Haupt-Instrument der Künstlerin - zu hören ist und dass die Arrangements von Tracks wie „Your Garden“, „Florida Girl“ oder „Florida Poem“ in geradezu lautmalerischer, impressionistischer Hinsicht eingesetzt werden. Tatsächlich ist das von psychedelischen Blubber- und Piep-Geräuschen unterlegte Gedicht „Florida Poem“ im klassischen Sinne eigentlich eher ein Hörspiel als ein Song. Wenn man dann noch weiß, dass LYDIA LUCE zum Spaß gerade auch noch ein Ambient-Projekt angestoßen hat und eine Prise dieser Ästhetik auch für „Florida Girl“ implementierte, macht das alles in konzeptioneller – und dann auch musikalischer Hinsicht – sehr viel Sinn.

Auf der anderen Seite gelingt es LYDIA LUCE und ihren Mitstreitern mit den Songs „Never Enough“, „Other Side“, „Saline“ und dem Titeltrack „Florida Girl“ durch den Einsatz unkonventionell verzerrter Gitarren sogar eine Art Rock-Drive zu verpassen. Insgesamt entsteht somit ein betont modern – aber keineswegs modisch – klingendes Sounddesign, das weit über das hinausgeht, was von einer klassischen Songwriter-Scheibe – die „Florida Girl“ eben auch ist – zu erwarten stünde. Indem LYDIA LUCE das radikale musikalische Konzept von „Florida Girl“ durchaus bewusst ist, steht auch ihr nächste Projekt bereits fest: Es wird nämlich auch eine „Streicher-Version“ des Albums geben, wofür sie alle Songs mit einem reinen Streicher-Arrangement plus Gesang erneut einspielen wird. Ganz möchte sie auf ihre Roots dann eben doch nicht verzichten.

FAZIT: Nachdem sich LYDIA LUCE mit ihrem zweiten Album „Dark River“ den Frust über eine – wie sie damals dachte – tragischen Liebesgeschichte von der Seele geschrieben hatte, widmete sie sich auf dem neuen Album „Florida Girl“ nun auch unangenehmen, persönlichen Themen, die sie bislang noch nicht ansprechen konnte. So ist „Never Enough“ eine Aufforderung, mit dem zufrieden zu sein, was man hat und keinen Traumtänzereien hinterher zu laufen. „The Other Side“ ist eine Kontemplation über den Tod und die Frage, was danach kommen könnte. „Saline“ entstand ursprünglich als Song für LYDIA LUCEs Ehegatten – wandelte sich dann aber in der Bedeutung in eine Hymne an die Freundschaft unter Frauen und in dem Song „Face And Figure“ spricht die Musikerin das für sie schwierige Thema Essstörungen an, unter denen sie in der Vergangenheit zu leiden hatte, die sie aber inzwischen überwinden konnte. Wenngleich vielleicht nicht unbedingt in musikalischer Hinsicht, so ist „Florida Girl“ thematisch am Ende dann doch eine klassisch-konfessionelles Songwriter-Album geworden.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1386x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Never Enough
  • Other Side
  • Your Garden (Intro)
  • Your Garden
  • (H)our Glass
  • Florida Poem
  • Saline
  • Florida Girl
  • Face & Figure
  • Minute Too Soon

Besetzung:

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